Schutzkonzept

Schutzkonzept

der Evangelische Kirchengemeinde Urmitz-Mülheim

1.      Vorbemerkung

          Die Evangelische Kirchengemeinde Urmitz-Mülheim lädt alle Menschen in ihr Gemeindeleben ein – Junge und Alte, Gesunde und Gebrechliche, Deutsche und Nicht-Deutsche. Aus dem gemeinsamen Glauben aller ihrer Mitglieder an den auferstandenen Jesus Christus erwachsen Nähe und Vertrauen. Menschen vertrauen sich selbst oder ihre Kinder der Gemeinschaft unserer Gemeinde an. Nähe und Vertrauen sind im Zusammenleben von Menschen gut und wichtig. Aus ihnen entsteht die Gemeinschaft von Schwestern und Brüder in Jesus Christus, die die Grundlage christlichen Lebens und Zusammenlebens in der Gemeinde ist.

          Die guten Seiten von Nähe und Vertrauen und ihre Wichtigkeit für ein christliches Zusammenleben dürfen jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass sie auch die Gefahr von (sexuellem) Missbrauch, Ausnutzung und unangemessenem Verhalten in sich bergen. Sie besteht insbesondere dort, wo Abhängigkeiten oder Über-/Unterordnungsverhältnisse bestehen. Diese Gefahr nicht zu verdrängen, sondern ihr aktiv so zu begegnen, dass Risiken des (sexuellen) Missbrauchs oder der unangemessenen Behandlung für die Menschen, die sich in unserer Gemeinde aufhalten, vermindert und mit trotzdem vorkommendem möglichem Fehlverhalten transparent, nachdrücklich und konsequent umgegangen wird, ist Aufgabe dieses Konzepts. Es ist Bestandteil unserer Gemeindearbeit und daher für alle in der Gemeinde Tätigen verpflichtend.

          Das Konzept wird von vier Säulen getragen:

a)      Self-Empowerment

          Alle Menschen sind in gleicher Weise Gottes geliebte Kinder. Gott kennt keine ungleiche Wertigkeit von Menschen. Jeder einzelne hat daher das Recht darauf, mit Respekt und Achtung für seine körperliche und psychische Integrität behandelt zu werden und ein solches Verhalten aktiv einzufordern.

          Die Gemeinde verpflichtet sich daher, in geeigneter Weise alle an ihrem Leben teilnehmende Menschen mit Respekt und Achtung vor ihrer Integrität zu behandeln und sie darin zu stärken, ein solches Verhalten auch gegen Widerstände einzufordern (nachfolgend unter 2.).

b)      Prävention

          Die Gemeinde verhindert (sexuellen) Missbrauch oder sonst unangemessenes Verhalten und Übergriffe durch präventive Maßnahmen (nachfolgend unter 3.).

c)      Reaktion

          Kommt es zu dem Verdacht (sexuell) missbräuchlichen oder sonst übergriffigen Verhaltens, ergreift die Gemeinde alle angemessenen Maßnahmen, um entsprechenden Vorwürfe aufzuklären und erforderlichenfalls zügig und nachdrücklich Konsequenzen daraus zu ziehen (nachfolgend unter 4.).

d)      Organisation

          Die Gemeinde stellt Organisationsstrukturen zur Verfügung, die mit klaren Verantwortlichkeiten und Handlungsregelungen auch faktisch eine Umsetzung dieses Konzepts ermöglicht (nachfolgend unter 5.)

2.      Self-Empowerment

          Die Bibel bezeugt, dass Gott einen jeden Menschen zu seinem Ebenbild geformt und mit seinem Geist beseelt hat. Durch Leben und Tod des auferstandenen Jesus Christus hat er seine Liebe neu über alle Menschen ausgegossen. Gemeinschaft und Nähe in der christlichen Gemeinde entstehen durch die Weitergabe dieser göttlichen Liebe. Sie ist ohne Falschheit und Eigennutz, ohne Eifer und Ungeduld. Sie nutzt niemanden aus und missbraucht niemanden. Sie fügt niemandem Schaden zu und unterdrückt niemanden.

          Niemand muss sich daher als Mensch einem anderen unterordnen. Niemand muss sich in der christlichen Gemeinde die weitergebene Liebe und Fürsorge Gottes anderen durch Willfährigkeit und das Hinnehmen abgelehnten, nicht gewünschten, als unangenehm empfundenen oder gar (sexuell) übergriffigen Verhaltens erkaufen.

          Auch hat jeder hat das Recht, an der Gestaltung eines guten, (sexuellen) Missbrauch und Übergriffe ausschließender gemeindlicher Arbeit mitzuwirken. Kritik an bestehenden Verhältnissen, Beschwerden und Änderungsvorschläge nimmt die Gemeinde die Gemeinde daher offen und ohne Vorbehalte entgegen und behandelt sie konstruktiv.

          Ein besonderes Augenmerk gilt Kindern und Jugendlichen. Sie sind ganz besonders schutzbedürftig. Ihr Vertrauen und ihre Zuneigung sind oft leicht zu erwerben und ebenso leicht (sexuell) zu missbrauchen. Dies hat schlimme Entwicklungsstörungen und langjährige massive psychische Beeinträchtigungen und Krankheiten zur Folge. Gleichzeitig fällt es jungen Menschen oft besonders schwer, sich Gehör in ihren Nöten zu verschaffen und auf eine Missbrauchssituation aufmerksam zu machen, sei es, weil es ihnen an Worten dafür fehlt oder auch an Personen, denen sie sich anvertrauen können oder möchten.

          Der Schutz von Kindern und Jugendlichen muss daher in der Kirche – gerade vor dem Hintergrund der Missbrauchsskandale der vergangenen Jahrzehnte auch in der Evangelischen Kirche – oberste Priorität haben. Besonders für sie, gleichzeitig aber auch für alle Menschen, die am Leben der Evangelischen Kirchengemeinde Urmitz-Mülheim teilhaben, bekräftigt die Gemeinde daher die folgenden Grundsätze:

a)      Niemand hat das Recht, einen anderen anzufassen, zu streicheln oder zu küssen, wenn der das nicht möchte oder es ihm sonst unangenehm ist. Niemand muss akzeptieren, berührt oder auch in herabwürdigender oder (sexuell) anmaßender Weise angeschaut zu werden. Ein christliches Miteinander verbietet Übergriffe oder Handlungsweisen, die Betroffene nicht möchten oder die sie gefühlsmäßig ablehnen.

b)      Jeder hat das Recht, „nein“ zu sagen, wenn ihm die Nähe eines anderen oder dessen Handlungen unangenehm sind. Jeder ist verpflichtet, ein solches „nein“ zu akzeptieren und sein Verhalten umfassend daran auszurichten.

c)      Es gibt keinen Grund, unangenehmes, unangemessenes oder gar (sexuell) missbräuchliches Verhalten eines anderen zu verheimlichen. Vertrauen oder auch Abhängigkeiten dürfen nicht dazu missbraucht werden zu verlangen, dass (sexuell) missbräuchliches, unangemessenes oder als unangenehm empfundenes Verhalten verborgen wird. Es vertieft die Erfahrung und die Folgen von Missbrauch oder unangemessenem Verhalten, wenn der Person, die einem solchen Verhalten ausgesetzt ist, auch noch zugemutet wird, dieses verletzende Verhalten noch als Geheimnis zu bewahren.

d)      Jede und jeder haben jederzeit das Recht, wegen eines unangemessenen oder auch unangenehmen Verhaltens oder gar (sexueller) Übergriffigkeit in der Gemeinde Hilfe zu verlangen und Kritik zu üben. Die Gemeinde und die für sie Verantwortlichen trifft die Pflicht, diese Hilfe zu gewähren und Kritik konstruktiv aufzunehmen.

3.      Prävention

          In der Evangelischen Kirchengemeinde Urmitz-Mülheim wird unangemessenes, übergriffiges und (sexuell) missbrauchendes Verhalten durch folgende Maßnahmen vermieden:

a)      Alle haupt-, neben- und ehrenamtlich Mitarbeitenden der Gemeinde verpflichten sich auf dieses Konzept. Die Selbstverpflichtungen der Haupt- und Nebenamtlichen werden zu ihren Personalakten genommen, die der ehrenamtlich Tätigen gesondert verwahrt.

          Haupt- und Nebenamtlich Tätige werden darauf hingewiesen, dass Verstöße gegen dieses Konzept dienst- oder arbeitsrechtliche Folgen haben können.

          Ehrenamtlich Tätige werden darauf hingewiesen, dass Verstöße dazu führen können, eine Fortsetzung der ehrenamtlichen Arbeit zu unterbinden oder mit Auflagen zu versehen.

          Diese Regelungen gelten für Praktikantinnen und Praktikanten entsprechend.

b)      Die Auswahl von Haupt- und Nebenamtlichen für die Arbeit der Gemeinde nimmt den Schutz von Kindern und Jugendlichen in besonderer Weise in den Blick. Für eine Tätigkeit in Betracht kommende Personen müssen daher die Gewähr dafür bieten, dass sie sich das Ziel des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor unangemessenem oder (sexuell) missbrauchendem Verhalten umfassend zueigen machen und sich dementsprechend verhalten. Fragen des Schutzes vor solchem Verhalten müssen dazu in Bewerbungsgesprächen erörtert werden. Die Erörterung ist bei Einstellung zu dokumentieren.

c)      Haupt-, neben- und ehrenamtlich Tätige werden bei Aufnahme ihrer Tätigkeit oder bei Inkrafttreten dieses Konzept sowie nachfolgend in regelmäßigen Abständen von fünf Jahren verpflichtet, erweiterte Führungszeugnisse beizubringen, wenn sie auch mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Entsprechendes gilt auch für Praktikantinnen und Praktikanten. Die Zeugnisse sind in verschlossenen Umschlägen zu den Personalakten zu nehmen oder – im Fall von Ehrenamtlichen – datenschutzkonform in verschlossenen Umschlägen aufzubewahren.

          Die Nichtbeibringung der Führungszeugnisse kann bei Haupt- und Nebenamtlichen zu dienst- und arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Die Arbeit Ehrenamtlicher mit Kinder und Jugendlichen in der Gemeinde kann beendet werden, wenn ein erforderliches erweitertes Führungszeugnis nicht beigebracht wird.

d)      Das Abstinzensgebot gemäß § 4 Abs. 2 des Kirchengesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche im Rheinland ist von allen Mitarbeitenden unbedingt zu beachten. Es gilt, wenn Abhängigkeits-, Macht- oder Vertrauensverhältnisse vorliegen, wie sie insbesondere in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und sonst schutzbefohlenen Personen oder auch im Rahmen seelsorgerlicher Begleitung entstehen.

d)      Alle Mitarbeitenden der Gemeinde haben darüber hinaus die erforderliche professionelle Distanz zu denen zu wahren, mit denen sie arbeiten. Diese umfasst, das Nähe-/Distanzempfinden des Gegenübers zu beachten.

e)      Die Gemeinde führt regelmäßig Fortbildungen zum Thema „Schutz vor Missbrauch und sexualisierter Gewalt“ durch, die sich auch auf Möglichkeiten erstrecken sollen, (sexuellen) Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen. Die Teilnahme daran ist für haupt- und nebenamtlich Tätige Dienst- bzw. Arbeitspflicht und wird auf ihre Arbeitszeiten angerechnet. Ehrenamtliche in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sollen an ihnen teilnehmen. Dazu sollen die Veranstaltungen zeitlich so gelegt werden, dass ehrenamtlich Tätigen ein Besuch neben einer etwa ausgeübten Berufstätigkeit möglich ist. Die Durchführung der Veranstaltungen sowie die hieran teilnehmenden Personen werden dokumentiert.

          Nehmen Mitarbeitende mehr als einmal an den Fortbildungen nicht teil, führen die oder der Vorsitzende des Presbyteriums mit einem weiteren Mitglied des Presbyteriums mit ihnen ein Gespräch über die Gründe. Ergibt sich dabei, dass der oder die Mitarbeitende sich nicht ausreichend mit den Zielen dieses Konzepts identifiziert oder diese nicht ernsthaft anstrebt, berät des Presbyterium spätestens in der übernächsten Sitzung nach dem Gespräch über das weitere Vorgehen. Die Entscheidung ist mit Gründen im Protokoll der Sitzung zu dokumentieren.

f)       Die Gebäude der Gemeinde werden regelmäßig daraufhin überprüft, ob sie durch ihre Gestaltung unangemessenes Verhalten oder (sexuellen) Missbrauch ermöglichen oder begünstigen. Ist dies der Fall, soll eine Änderung der baulichen Situation oder der Raumgestaltung erfolgen.

g)      Die Eltern von Kindern und Jugendlichen, die am Gemeindeleben teilnehmen, erhalten Informationsmaterial über dieses Schutzkonzept. Sie werden gebeten, Auffälligkeiten, die auf ein ungemessenes Verhalten oder gar Missbrauch hindeuten, der Gemeinde unverzüglich mitzuteilen.

f)       Kinder und Jugendliche werden in den Gruppen der Gemeinde dazu ermuntert „nein“ zu sagen, wenn sie ihnen unangenehmem Verhalten begegnen. Sie werden ermutigt, keine „Geheimnisse“ zu bewahren, durch die sie veranlasst werden sollen, unangemessenes oder missbräuchliches Verhalten nicht erzählen. Sie werden gestärkt darin, ihren eigenen Gefühlen und Vorstellungen davon zu vertrauen, was richtig oder falsch ist.

4.      Reaktion

          Auch durch noch so gute Präventionsmaßnahmen ist niemals vollständig auszuschließen, dass es zu unangemessenem oder (sexuell) missbrauchendem Verhalten kommt.

          Entsteht der Verdacht, dass es zu einem solchen Verhalten gekommen ist, muss dieser zeitnah, zügig, nachdrücklich und unter Wahrung der Rechte aller Beteiligten aufgeklärt werden. Dabei muss auch darauf geachtet werden, dass vor einer Aufklärung von Vorwürfen weder die in Verdacht geratene Person noch die von deren Verhalten ggf. betroffenen Personen unnötig stigmatisiert werden oder Beweismittel beeinträchtigt werden.

          Im Umgang mit einem Verdacht werden daher folgende Grundsätze beachtet.

a)      Sieht jemand in der Gemeinde einen Verdacht gegen einen oder eine in der Gemeinde tätige/n Haupt-, Neben- oder Ehrenamtliche/n, oder erfährt er oder sie von einem solchen Verdacht, teilt er dies einer von dem Presbyterium bestimmten Ansprechperson unverzüglich und unter vollständiger Angabe aller Fakten mit. Ein Hinweis an den Betroffenen oder ein Gespräch mit diesem über den Verdacht hat ebenso zu unterbleiben wie eine Unterrichtung anderer Personen.

          Die Mitteilung an die Ansprechperson ist für alle haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitenden Dienst- oder Arbeitspflicht, deren Verletzung rechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Unterlässt eine ehrenamtlich tätige Person eine entsprechende Mitteilung, kann ihr das Recht zur weiteren ehrenamtlichen Arbeit in der Gemeinde entzogen oder nur noch unter Auflagen gestattet werden.

b)      Die Ansprechperson nimmt unverzüglich gemeinsam mit der/dem Vorsitzenden des Presbyteriums sowie der/dem Personalkirchmeister/in eine erste Bewertung und Einordnung des entstandenen Verdachtsmoments auf der Grundlage der vorhandenen Angaben vor. Weitere Mitglieder des Presbyteriums dürfen hinzugezogen werden, sofern dies sachdienlich ist. Eine Rücksprache mit der in Verdacht befindlichen Person oder deren Konfrontation mit dem Verdacht erfolgen weiterhin zunächst ebenso wenig wie Beweiserhebungen.

c)      Ergibt die Bewertung, dass ein strafrechtlich relevantes Verhalten nicht auszuschließen ist, nimmt die Ansprechperson unverzüglich Kontakt mit der/dem Geschädigten oder dessen/deren Sorgerechtsberechtigten auf, um zu klären, ob diese schon eine Strafanzeige gestellt haben oder dies zu tun beabsichtigen. Ist dies nicht der Fall, erörtert die Ansprechperson mit der/dem Geschädigten oder seinem/ihrem Vertreter, ob die Kirchengemeinde Strafanzeige stellen soll. Ist dies der Fall, erstattet die Gemeinde unverzüglich und unter Mitteilung aller ihr bekannten Umstände Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Koblenz oder der örtlichen Polizeidienststelle. Gleichzeitig teilt sie die volle Kooperationsbereitschaft für den Fall der Aufnahme der Ermittlungen mit. Das weitere Vorgehen wird mit der Staatsanwaltschaft bzw. Polizei abgestimmt, um Beweismittelverluste für diese zu vermeiden.

          Erstattet der/die Geschädigte oder ihr/e Vertreter/in keine Strafanzeige und wünschen er/sie auch keine Erstattung einer durch die Gemeinde, entscheidet das Presbyterium umgehend über deren Erstattung. Dabei sind insbesondere die Auswirkungen einer Strafanzeige auf den/die Geschädigte und der Schutz potentieller weiterer Geschädigter vor Übergriffen sowie sonstige gemeindliche Belange gegeneinander abzuwägen. Die Gründe der Entscheidung sind schriftlich zu dokumentieren.

d)      Ergibt die Bewertung keinen Hinweis auf ein möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten, wohl aber auf einen möglichen dienst- oder arbeitsrechtlichen Verstoß, leitet der/die Vorsitzende des Presbyteriums unverzüglich und innerhalb der geltenden Fristen die entsprechenden dienst- und arbeitsrechtlichen Maßnahmen ein (Dienstrechtlich: Disziplinarverfahren; Arbeitsrechtlich: Abmahnung oder Kündigung) bzw. unterrichtet die hierfür zuständigen Stellen. Dabei ist der oder dem Betroffenen in dem geschuldeten Umfang rechtliches Gehör zu gewähren. Der weitere Gang der Angelegenheit richtet sich nach den Rechtsregeln für das gewählte Vorgehen.

e)      Ergibt die Bewertung, dass zwar ein unangemessenes Verhalten vorliegen kann, das jedoch weder straf- noch dienst- oder arbeitsrechtlich relevant ist, teilt der Ansprechpartner den bestehenden Verdacht der oder dem Betroffenen mündlich und schriftlich mit und hört ihn dazu an. Die Anhörung ist schriftlich zu dokumentieren. Über das weitere Vorgehen entscheidet das Presbyterium, sofern nicht die Ansprechperson selbst eine Lösung im Einvernehmen mit dem/der Geschädigten und/oder seinem/ihrem Vertreter findet.

f)       Ergibt sich erst im weiteren Verlauf der Verdacht einer Straftat oder eines dienst- oder arbeitsrechtlichen Vergehens, geltend die vorstehend unter c) und d) dargestellten Regeln entsprechend.

g)      Besteht Anlass zur Sorge, dass Gefährdungen von Personen durch ein weiteres möglicherweise unangemessenes oder (sexuell) missbrauchendes Verhalten zu befürchten sind, trifft das Presbyterium unverzüglich die zu deren Abwehr erforderlichen Maßnahmen. Ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft, sind Maßnahmen der Gemeinde mit diesen abzustimmen, damit keine Beweismittelverluste entstehen.

h)      Die Ansprechperson bietet Geschädigten Unterstützung durch die Gemeinde sowie die Vermittlung seelsorgerlicher Begleitung und von Terminen bei in Betracht kommenden kirchlichen Beratungsstellen und Hilfeeinrichtungen an. Hierfür entstehende Kosten kann die Gemeinde übernehmen.

5.      Organisation

Sämtliche vorstehenden Regelungen bedürfen organisatorischer Absicherung, um wirksam umgesetzt zu werden. Insoweit gilt:

a)      Das Presbyterium bestellt für jede Wahlperiode mindestens zwei Ansprechpersonen, wobei es sich nach Möglichkeit um einen Mann und eine Frau handeln soll. Den Ansprechpersonen sind angemessene Möglichkeiten zur Fortbildung zu allen dieses Schutzkonzept betreffenden Fragen anzubieten. Die Kosten hierfür trägt die Gemeinde. Die Kontaktdaten der Ansprechpersonen werden in geeigneter Weise öffentlich gemacht.

b)      Die Ansprechpersonen sind Ansprechpartner von Hinweisgebern, Geschädigten sowie für die Polizei und die Staatsanwaltschaft gleichermaßen, sofern es zu deren Tätigwerden kommt. Sie unterrichten die vorsitzende Person des Presbyteriums unverzüglich über alle wesentlichen Handlungen und absprachen, die sie treffen. Über die Unterrichtung des Presbyteriums insgesamt oder einzelner Presbyter entscheidet die vorsitzende Person.

c)      Die Ansprechperson ist für die Einleitung und Führung von dienst- oder arbeitsrechtlichen Verfahren nicht zuständig. Die Zuständigkeit hierfür richtet sich nach den allgemeinen kirchenrechtlichen Vorgaben.

d)      Die Ansprechperson ist für die Entscheidung über die Erstattung von Strafanzeigen nicht zuständig, sofern sich die/der Geschädigte oder sein/ihr Vertreter gegen sie ausgesprochen haben.

e)      Die Tätigkeit der Ansprechperson oder derjenigen, die dienst- oder arbeitsrechtliche Verfahren im Zusammenhang mit diesem Schutzkonzept zu führen haben, lässt die gemeindeleitende Gesamtverantwortung des Presbyteriums nicht entfallen. Dieses wird daher von der Ansprechperson oder die für das dienst- oder arbeitsrechtliche Verfahren zuständige Person fortlaufend und zeitnah über den Fortgang der Angelegenheit unterrichtet.

          Das Presbyterium kann unbeschadet der in diesem Konzept niedergelegten Grundsätze alle erforderlichen Handlungen selbst vornehmen, wenn dies aus sicher Sicht geboten ist. Die Gründe von einer Abweichung von diesem Konzept sind schriftlich zu dokumentieren.

f)       Vorwürfe (sexuell) missbrauchenden oder übergriffigen Verhaltens haben für alle Betroffenen – Geschädigte wie Täter – ein hohes Stigmatisierungspotential. Dessen müssen sich alle mit einem entsprechenden Verdacht in Kontakt kommende Personen bewusst sein. Wird ein Verdacht bekannt, ist daher jeder verpflichtet, vertraulich damit umzugehen und sich an die in diesem Konzept niedergelegten Strukturen genau zu halten. Alle datenschutzrechtlichen Vorgaben sind genau einzuhalten.

g)      Entscheidungen zum Schutz vor (weiteren) Gefährdungen trifft das Presbyterium. Ggf. ist ein Eilbeschluss zu fassen.

h)      Ein vertraulicher Umgang mit Verdachtsfällen schließt nicht aus, mit den möglichen Gefährdeten offen und transparent umzugehen. Dies ist sogar wünschenswert, um Hilfebedarfe erheben und erfüllen zu können sowie Sekundärviktimisierungen von Opfern unangemessenen oder (sexuell) übergriffigen Verhaltens zu vermeiden. Geschädigte haben daher gegenüber der Ansprechperson grundsätzlich ein Recht auf Auskunft über den Stand der Prüfung und über vorläufig getroffene Maßnahmen. Bei Erteilung der Auskunft sind die Rechte des von der Untersuchung Betroffenen sowie die Belange der gegen ihn geführten Verfahren zu berücksichtigen. Weiterhin ist dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu Beweismittelverlusten kommt.

          Geschädigten ist nach Abschluss der Untersuchungen deren Ergebnis in geeigneter Weise und für sie verständlicher Weise mitzuteilen.

i)       Die Gemeinde unterstützt Geschädigte übergriffigen oder (sexuell) missbrauchenden Verhaltens in der Wahrnehmung ihrer Rechte oder in der Bewältigung hierdurch erlittener Gesundheitsschäden. Hierfür stellt das Presbyterium im Einzelfall ausreichende Mittel bereit.

j)        Die Ansprechpersonen berichten dem Presbyterium einmal jährlich über ihre Arbeit. Sie können verlangen, dass ein Anliegen umgehend auf die Tagesordnung des Presbyteriums genommen und von ihm behandelt wird.

6.      Schlussvorschriften

          Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeine Urmitz-Mülheim hat dieses Schutzkonzept in seiner Sitzung am     beschlossen. Es tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Seine Umsetzung soll bis zum     abgeschlossen sein.

          Die Regelungen dieses Konzepts sollen alle drei Jahre, gerechnet ab dem Tag des In-Kraft-Tretens überprüft werden.